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Statine: Cholesterinsenker mit eingebautem Diabetes-Risiko

Statine sind angeblich sicher. Diese Aussage können sie überall hören und lesen, wo die klassische Schulmedizin ihre Thesen anschlägt. Es existiert angeblich eine große Zahl an „evidenzbasierten“ Studien, die das inzwischen angeblich hat beweisen können. Für den niedergelassenen Arzt oder den Klinikarzt (die keine Zeit und/oder Lust am Lesen von Fachartikeln und wissenschaftlichen Veröffentlichungen haben), werden Kurzinformationen verfasst, die sich fast wie ein Regelwerk für den Kindergarten ausnehmen.

Statine mit Risiko

Wie so etwas aussieht, damit auch ein Schulmediziner die hohe Wissenschaft versteht, kann man sich hier anschauen: Statine auch langfristig sicher. Hier wird eine „Studie referiert“. In diesem Fall wird auf eine Arbeit aus dem „Lancet“ verwiesen, die den Einfluss auf ein mögliches Krebsrisiko unter der Langzeittherapie mit Statinen untersucht hatte. Eine noch nicht durchgeführte Studie, wo der Einfluss von Statinen auf abstehende Ohren untersucht werden muss, wird mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ebenfalls keine Erhöhung der Inzidenzraten von abstehenden Ohren nach Langzeiteinnahme von Statinen ergeben. Damit können wir in großen, fetten Buchstaben dem Allgemeinmediziner zurufen beziehungsweise zuschreiben: STATINE SIND AUCH LANGFRISTIG SICHER. Das wird der sich sicher merken und die Sicherheit auf alle Bereiche und Erkrankungen beziehen.

Und damit man selber sicher ist, dass der Mediziner sich die Sicherheit sicher merkt, werden kindergartenartige „Merksätze“ mitgeliefert. Das macht die Sache noch einfacher: Man braucht den ganzen Artikel nicht zu lesen, nur noch die Merksätze:

  • Mit Simvastatin wird über die Senkung des LDL-Cholesterins eine signifikante Reduzierung der vaskulären Morbidität und Mortalität erreicht.
  • Die Langzeitanwendung ist nicht mit einem erhöhten Risiko für bestimmte Krebsarten oder andere nichtvaskuläre Erkrankungen verbunden.

Am Schluss noch, ganz klein gedruckt, damit man sicher ist, dass keiner sich die Mühe macht, das Kleinstgedruckte zu lesen, die Angabe von Interessenskonflikten. Und hier erfahren wir, dass entweder keine deklariert worden sind, was nicht heißt, dass es keine gibt. Oder aber eine ehrliche Seele gibt an, Gelder von der Pharmaindustrie bekommen zu haben. Aha!

Das „Ärzteblatt“ macht hier keine Ausnahme. Im Jahr 210 erschien folgender Artikel: Fettleber: Statine auch bei erhöhten Leberwerten sicher und effektiv (https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/43673/Fettleber-Statine-auch-bei-erhoehten-Leberwerten-sicher-und-effektiv)

Der Artikel fängt an, dass erhöhte Leberwerte eine relative Kontraindikation für eine Statingabe sind und endet, dass erhöhte Leberwerte eine fast-Indikation für Statine sind. Grund ist eine Studie aus Griechenland (Safety and efficacy of long-term statin treatment for cardiovascular events in patients with coronary heart disease and abnormal liver tests in the Greek Atorvastatin and Coronary Heart Disease Evaluation (GREACE) Study: a post-hoc analysis), bei der Patienten unter Statinen mit einer „Plazebogruppe“ verglichen wurde, die die Standardtherapie bekam, die aber unter Umständen auch Statine enthalten konnte. Etwas vereinfacht formuliert: Hier werden Statine gegen „unter Umständen“ Statine verglichen und festgestellt, dass Statine gegen Statine sicher sind.

Dazu kommt noch, dass es sich hier um eine „Post-hoc Analyse“ handelt. Und das sind wieder einmal Analysen, die nach Abschluss der Studie neue Ziele „erfinden“, damit man doch noch was zu erzählen hat. Wie es scheint, sind die Zeiten der evidenzbasierten Studien vorbei, die sich als prospektive, randomisierte, doppelblinde, Plazebo kontrollierte Studien definierten.

Zwischenfazit: Wer nach evidenzbasierten Studien im soeben definierten Sinne schreit, selber aber Fantasie-Studien als Beurteilungsgrundlage für die Unbedenklichkeit und Sicherheit von Medikamenten akzeptiert, der darf sich nicht wundern, wenn er eines Morgens vollkommen nebenwirkungsverkatert aus seinen Träumen aufwacht.

Erzeugen Statine abstehende Ohren?

Gleich vorweg: Die Wahrscheinlichkeit dafür ist mit Null gleichzusetzen. Für die Schulmedizin jedoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass Statine Neben-Wirkungen haben, die man als „problematisch“ ansehen sollte, ebenfalls mit Null zu beziffern. Ist? Wie es aussieht, wird aus dem „Ist“ langsam aber sicher ein „War“. Denn die Kritiker der Statine scheinen an Boden zu gewinnen. Sogar das Ärzteblatt schreibt in einer seiner neueren Ausgaben, dass Gene die Statin-Wirkung beeinflussen. Man beruft sich auf eine Studie, die wieder einmal eine Nach-Analyse von bereits durchgeführten Studien ist und zu dem Schluss kommt, dass je höher das genetisch bedingte Risiko für koronare Herzkrankheiten ist, desto besser wirken die Statine.

Also auch hier wieder eine Nachbetrachtung, die die Wirksamkeit der Statine an genetischen Faktoren relativiert. Das halte ich insofern für einen Fortschritt, da dies der Gießkannentherapie „Statine für alle mit und ohne abstehenden Ohren“ widerspricht. Ob man aber die Gene durch die Gabe von Statinen zu einer geringeren Cholesterinproduktion umstimmen kann, das wurde in der Studie nicht evaluiert. Hier wurde nur behauptet, dass sich das koronare Risiko in den Hochrisikogruppen stärker senkte als in den weniger risikoreichen Gruppen. Aber wie die Statine die Gene beeinflussen, damit das Risiko sinkt, das steht in den schulmedizinischen Sternen.

Eine brandneue Ausgabe des Ärzteblatts (März 2015) berichtet von Dingen, die spätestens hier die Ohren abstehen lassen – vor Aufmerksamkeit und Verwunderung: Studie: Hoher Cholesterinwert kann vor Typ 2-Diabetes schützen. Hier wird eine amerikanische Studie zitiert, die festgestellt haben will, dass häufig vorkommende genetisch bedingten Formen von Hypercholesterinämie mit einem signifikant reduzierten Risiko für Typ-2-Diabetes verbunden zu sein scheint. Und man glaubt es kaum, wenn man lesen muss: „Die Ergebnisse könnten erklären, warum die Behandlung mit Statinen das Diabetesrisiko erhöht.“

Man erklärt sich diesen Effekt mit der Hypothese, dass aufgrund eines Gendefekts weniger Cholesterin in die Zellen transportiert wird. Somit bleiben auch die Beta-Zellen der Bauchspeicheldrüse von einer Überladung mit Cholesterin verschont und sind somit nicht bei ihrer Aufgabe der Insulinproduktion beeinträchtigt. Da stellt sich bei mir sofort die Frage, ob Statine wirklich in der Lage sind, Cholesterin massenweise in Zellen zu stopfen, auch wenn die keinen Bedarf haben?

Haben die Zellen keinen Regulationsmechanismus, der die Aufnahme von Cholesterin in die Zelle regelt? Hier wird wieder mit Annahmen jongliert, versetzt mit Gendefekten, die dem wissenschaftlich interessierten Arzt helfen, dies alles als interessant, aber praxisfern einzustufen. Denn wer von den „normalen“ Ärzten hat es mit Gendefekten zu tun, wenn deren Patienten schulmedizinisch definiert zu hohe Cholesterinwerte haben? Und weil das alles ja so akademisch ist, hat der Artikel auch ein Trostpflästerchen für die ärztliche Leserschaft bereit, das den Verdacht des Akademischen bekräftigt: „Die Vorteile der Statintherapie werden dadurch jedoch nicht infrage gestellt, wie die beiden Editorialisten David Preiss, und Naveed von der Universität Glasgow betonen.“ Aufatmen geht durch die Reihen der Schulmedizin und die Ohren legen sich wieder an.

Kein Grund zum Aufatmen

Eine ebenso brandneue Arbeit aus Finnland lässt den Grund für ein Aufatmen schnell verschwinden: Increased risk of diabetes with statin treatment is associated with impaired insulin sensitivity and insulin secretion: a 6 year follow-up study of the METSIM cohort. Und der Grund dafür ist gleich mannigfaltig.

Fangen wir mit dem Studiendesign an. Es handelt sich hier nicht um eine Meta- oder sonstige Nach-Analyse von bereits abgeschlossenen Studien. Es sind auch keine spezifischen Populationen, zum Beispiel mit Gendefekten oder erhöhtem kardiovaskulären Risiko, untersucht worden. Vielmehr wurden hier 8749 männliche Teilnehmer, die kein Diabetes aufwiesen, fast 6 Jahre nachverfolgt und beobachtet, ob sie Diabetes entwickelten, die einen unter einer Statintherapie, die anderen ohne Statine.

Insgesamt entwickelten 625 Teilnehmer im Verlauf der 6 Jahre Diabetes. Das Risiko für das Auftreten von Diabetes war dosisabhängig für Simvastatin und Atorvastatin. Die Behandlung mit einem der beiden Statine führte zu einer signifikanten Erhöhung der Plasmaglucose zwei Stunden nach Einnahme und Glucosekonzentrationen nach einem oralen Glucosetoleranztest, inklusive eines signifikanten Anstiegs des Nüchternblutzuckerwerts.

Die Insulinempfindlichkeit reduzierte sich um 24 Prozent und die Insulinsekretion um 12 Prozent unter Statinen im Vergleich zur Gruppe, die keine Statine erhielt. Die Abnahme von Insulinempfindlichkeit und -sekretion war ebenfalls abhängig von der Dosierung der Statine.

Anmerkung: Diese Effekte traten auf, ohne dass es sich hier um Probanden mit Gendefekten handelte, die einen genetisch bedingt hohen Cholesterinspiegel aufwiesen. Der diabetogene Effekt ging vom Statin aus und nicht durch den Abbau des Schutzes vor Diabetes durch die cholesterinsenkende Wirkung des Statins.

Die Autoren schlossen, dass eine Therapie mit Statinen das Risiko für eine Diabeteserkrankung um rund 46 Prozent steigert. Der Grund scheint darin zu liegen, dass Statine die Insulinempfindlichkeit und -resorption beeinträchtigen. Die Autoren waren sich aber auch der Grenzen ihres Befundes bewußt, da hier zwar eine große Zahl an Probanden über einen relativ langen Beobachtungszeitraum zur Verfügung stand, die aber nur aus Männern und Kaukasiern bestand. Daher könnte sich für Frauen und nicht-Kaukasier ein etwas anderes Bild ergeben.

Wer aber jetzt glaubt, dass es sich um eine einzige Arbeit handelt, die einen solchen Zusammenhang hat beschreiben können, der soll schnell enttäuscht werden. Denn es gibt andere Arbeiten, die diesen Zusammenhang bereits beschrieben hatten. Die Autoren zitieren drei Arbeiten aus den Jahren 2012 und 2013, bei denen zufolge eine Erhöhung des Diabetes-Risikos unter Statinen von 20, 10 bis 22 und 15 Prozent gesehen worden war. Es gibt noch weitere Studien mit einem eher „schwammigen“ Design und Meta-Analysen, die ebenfalls diese Risikoerhöhung gesehen haben. Neu an der vorliegenden Arbeit ist lediglich die Höhe des Risikos mit 46 Prozent.

Es zeigte sich auch, dass nicht alle Statine gleich diabetogen wirken. Atorvastatin und Simvastatin waren die „Schlimmsten“, während Pravastatin, Fluvastatin und Lovastatin weniger stark diabetogen wirkten. Auch dieses Ergebnis bestätigt bereits gemachte Beobachtungen einer Meta-Analyse.

Fazit

Es gibt bereits eine Reihe von Arbeiten, die den deletären Einfluss der Statine auf den Stoffwechsel, hier speziell den Glucosestoffwechsel, zeigen konnten. Eigenartigerweise hören wir davon nichts in den Organen der Schulmedizin. Auf der anderen Seite hören wir immer wieder die Freunde von Statistiken stöhnen, dass neben anderen Erkrankungen vor allem Diabetes auf dem Vormarsch sei. Spätestens hier stelle ich mir die Frage, ob dieser „Vormarsch“ vielleicht auch (nicht ausschließlich) etwas mit dem breitgefächerten Einsatz von Statinen zu tun haben kann? Aus geschäftlicher Sicht ist die Sache genial: Patienten mit „zu hohen“ Cholesterinwerten erhalten eine Statintherapie - Statine provozieren dann Diabetes – und der Diabetes erhält den Ärzten die Kunden, die jetzt zu hohes Cholesterin UND Diabetes haben. Toll!

Noch ein paar Argumente gefällig, die den Unsinn dieser Substanzgruppe unter die Lupe nimmt? Her damit:

Welche Märchen Ihnen täglich zum Thema Cholesterin aufgetischt werden und was Sie selbst gegen hohe Cholesterinwerte tun können… dafür gibt es das Märchen vom bösen Cholesterin.

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